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Die Seele Kartografieren mit Dr. Murray Stein – vollständiges Interview

ARMY MAGAZINE

Mit dem Einsacken ihrer 3. Billboard 200 Platz #1 innerhalb weniger als eines Jahres durch ihr neuestes, erweitertes Stück Map Of The Soul: Persona, haben BTS den Weg geebnet und ihre Position als globale Superstars gesichert. Während die 7 Lieder beinhaltende EP weiterhin Rekorde aufgestellt; inländisch sowie im Ausland, erhält das Album außerdem in wahrem BTS-Style die Bangtan-Universum-Narrative (BU) aufrecht.


Das Septett wird oft dabei beobachtet, wie es Symbolismus, Mythologie und Literatur in einer Vielzahl seiner Werke zitiert, während es parallel dazu nahtlos ein alternatives Universum kreiert, welches großen Bezug zu ihren ARMYs hat, und noch viel mehr. Map Of The Soul: Persona stellt keine Ausnahme dieser Regel dar – das Album basiert auf dem psychologischen Buch „Jungs Landkarte der Seele”, welches von den Theorien des schweizerischer Psychiaters und Psychoanalytikers Carl Jung abgeleitet ist.


Dr. Murray Stein – ein Jung’scher Analyst sowie Autor des Buches Jungs Landkarte der Seele” – hat BTS für ihre Konzeptualisierung gelobt, nachdem er von der Verschmelzung seiner Recherchen mit koreanischer Musik erfahren hat. Ich muss ehrlich sagen, dass ich begeistert bin, dass sie [BTS] Interesse an Jung und meinem Buch haben”, sagte Dr. Stein in der 42. Folge von Speaking of Jung” – ein Podcast, in dem Jung’sche Analytiker von der Moderatorin Laura London interviewt werden. Laura London sagte über die jung’schen Thematiken in BTS’ Comeback, dass Jungs Botschaft und Jungs Vision Menschen näher gebracht wird, die sonst niemals von ihm gehört oder dem, was er zu bieten hat, Aufmerksamkeit geschenkt hätten.”


Das ARMY Magazine-Team hatte die Ehre, für die neueste Ausgabe mit Dr. Murray höchstpersönlich Jung’sche Konzepte, Theorien und BTS’ Botschaft näher zu erforschen.


Der Großteil unserer Leser sind junge Leute ohne psychologisches Vorwissen. Wie würden Sie denjenigen von uns, denen diese Welt jetzt durch BTS nähergebracht wird, Carl Jungs Theorie des kollektiven Unbewussten sowie sein Modell der Psyche, in Kürze erklären?

Murray Stein: “Stellt euch eure Psyche als ein Haus vor, welches aus mehreren Etagen sowie mehreren übereinanderliegenden Kellern besteht. Ihr lebt im Erdgeschoss und schaut durch die Fenster in die Welt um euch herum. Die Welt schaut euch ebenso an und sieht die Fassade eures Hauses. Die Fassade heißt Persona”. Im Erdgeschoss lebt ihr zusammen mit eurer Familie und ladet Freunde ein, mit denen ihr intime Unterhaltungen führt.


Ihr zeigt ihnen eine andere Seite von euch – eure bewussten Gefühle, Gedanken, Fantasien und so weiter. Aber ihr zeigt ihnen nicht alles. Und es gibt einige Seiten von euch, die ihr niemandem zeigt und die ihr im Keller verschlossen und vergessen habt. Manchmal erinnert ihr euch an sie und dies geschieht nicht immer mit positiven Gefühlen, da einige von ihnen schlechte Erinnerungen mit sich tragen.


Dieses Kellergeschoss nennen wir das persönliche Unbewusste und die Inhalte nennen wir Komplexe”. Die Komplexe sind wie lebendige kleine Dämonen und normalerweise können sie im Keller gehalten werden, doch manchmal kommen sie die Treppe hoch und verursachen emotionale Turbulenzen. Die weniger ansprechenden und versteckten Teile, die man niemandem zeigen möchte und oft sogar selbst nicht sehen will, nennen wir Schatten”.


Der Schatten unterscheidet sich sehr von der Persona – er ist sogar mehr oder weniger das Gegenteil. Wenn die Persona einen als offen, freundlich und lebensfreudig präsentiert, ist der Schatten auf der anderen Seite egoistisch, neidisch und düster – und so weiter. Wenn man noch weiter – in die tiefer liegenden Keller – hinab steigt, findet man Objekte, die Großeltern und ihren Eltern gehörten; und noch weitere Generationen der Familiengeschichte und der eigenen kulturellen Vergangenheit.


Dieses Level nennen wir das kulturelle Unbewusste und es besitzt genau wie das erste Level ein paar sehr wichtige Elemente. Im ersten Level heißen sie persönliche Komplexe” und auf diesem tieferen Level heißen sie kulturelle Komplexe”. Diese haben einen stillen, versteckten und größtenteils unentdeckten Einfluss auf das Leben innerhalb der oberen Etagen. Man weiß möglicherweise nicht, dass diese Geschichte die eigenen Einstellungen, Gefühle, Fantasien und Gedanken beeinflusst – aber das tut sie.


Wir sprechen heute von Transgenerational Transmission of Trauma (TTT) (dt.: Transgenerationale Weitergabe von Traumata). Die kulturellen Komplexe sind die Geister der Vergangenheit einer Nation oder eines Stammes, die weiterhin in der Geschichte von Generationen über Generationen herumspuken. Wenn man die Treppe hinuntersteigt, wird man sich der versteckten Teile der eigenen Psyche bewusst, die eine große Rolle in den alltäglichen Verhaltensmustern spielen, und die die Gedankenmuster und Interaktionen mit anderen Menschen formen.


Wenn man nun noch eine Etage tiefer geht, trifft man auf Teile der Vorfahren, die noch weiter zurück in der Vergangenheit liegen. Tatsächlich gehen manche sogar so weit zurück, dass sie viel Ähnlichkeit mit Teilen in den Unter–Kellern anderer Leute haben, die nicht mal ansatzweise in der eigenen Nähe wohnen.


Diese Etage nennen wir das kollektive Unbewusste”. Auf dieser Etage teilen die Menschen eine gemeinsame Herkunft. Es ist die Etage des alten Gehirns, die instinktive Tier–Etage, welche wir erben, wenn wir als Menschen geboren werden. Dies ist die Etage des Unbewussten, welches wir archetypisch” nennen – was bedeutet, dass es universell ist und von allen Menschen auf der Erde geteilt wird. Auf dieser Etage sind wir alle gleich. Auf den oberen Etagen unterscheiden wir uns durch unsere familiäre und kulturelle Vergangenheit.


Es gibt außerdem obere Etagen in dem Haus, Obergeschosse und Dachböden. Wenn man die Treppen hochsteigt, gelangt man in die spirituellen Aspekte der Psyche – Gedanken und Gefühle, die einen zu der sogenannten Transzendenz” führen. Hier hausen die Rituale und heiligen Objekte der Religionen der Welt. Sie verbinden das eigene Leben mit den unendlichen Ideen und Werten und führen einen dazu, das was Jung die nominalen” – in anderen Worten die heiligen” oder geweihten” – Dimensionen der menschlichen Existenz nannte, zu erfahren.


Paradoxerweise stehen diese archetypischen Muster in direktem Zusammenhang mit den tiefen, instinktiven Stockwerken und geben ihnen Anweisungen und Bedeutung. Also stellt euch eure Psyche als ein großes Haus vor, welches vielzählige Stockwerke und Räume hat, sowie etliche Aktivitäten, die an und auf jedem einzelnen Stockwerk vor sich gehen.”


Sie haben zuvor dargelegt, dass Sie relativ jung waren, als Sie angefangen haben, Carl Jungs Theorien zu studieren. Was genau fanden Sie als junge Person an seinen Lehren so interessant, dass Sie mehr mit ihnen mitgeschwungen sind als mit anderen Denkweisen?

MS: “Das, was mich wirklich gefesselt hat, war, dass er die abstrakten Ideen, die ich in Büchern und in der Schule lernte, so persönlich und real gemacht hat. Die Idee von Gott zum Beispiel.


Er zeigte, wie Gott auf eine individuelle Art erlebt werden könnte. Als ich Jungs Autobiografie „Erinnerungen, Träume, Gedanken” gelesen habe, fühlte ich mich überzeugt davon, dass ich jemanden gefunden hatte, der ein authentisches Leben gelebt hat und tief mit allen Stockwerken und Ebenen seiner eigenen Psyche verbunden war – und jemanden, der einen Weg gefunden hatte, anderen zu zeigen, wie man das hinbekommt. Er hat mir eine Landkarte der Seele geschenkt, und das ist genau das, was ich in meinem Buch mit diesem Titel versucht habe zu kommunizieren.


Jungs Lebensanschauung ist sehr persönlich und sehr individuell, und doch erreicht sie die große Welt von Beziehungen, die Liebe und Freundschaften und die Welt der Power-Politik und Geschäftswesen – aber in sehr individuellen Wegen. Ich merkte, dass Jungs Worte mich in einem tiefgründigen und überzeugenden Weg zurück zu mir selbst zurückbrachten. Und ich glaube, dass es genau das ist, was das BTS-Album Map of the Soul: Persona” ausmacht.


Ich hoffe, es hilft Menschen dabei, sich selbst zu finden und ihre Einzigartigkeit zu leben. Jede Person ist ein Stern”, wie sie in Mikrokosmos singen.”


Inwiefern haben die Lehren/ Denkweisen Sie verändert, seit Sie selbst ein junger Mensch waren?

MS: “Für mich ist das Studieren von Jungs’ Lehren ein Prozess, bei dem man immer tiefer schaut. Selbst nach 50 Jahren der intensiven Auseinandersetzung mit seinen Texten finde ich in ihnen noch heute weitere Deutungsebenen und Schätze. Natürlich habe ich in dieser Zeit, während meines Studiums und meinen psychoanalytischen Praktiken, auch anderes Material aufgesaugt – doch letztendlich bin ich immer zu Jung zurückgekehrt.


Im Jahr 2009 wurde Das Rote Buch: Liber Novus – Jungs’ Bericht über seine „lebensmittige“ Reise in die Tiefen der Psyche – veröffentlicht und hat erneutes Interesse und Freude über Jungs’ Werke auf der ganzen Welt hervorgerufen.


Ich war in den vergangenen Jahren damit beschäftigt, eine Serie von Büchern namens Jung’s Red Book for Our Time: Searching for Soul Under Post-Modern Conditions (dt.: Jungs Rotes Buch für unsere Zeit: Auf der Suche nach unsere Seele in der postmodernen Welt) zu editieren, was unter den Jung’schen Lesern für viel Interesse gesorgt hat. Die Essays in dieser Serie, die von über fünfzig Autoren aus vielen verschiedenen Kulturen und Ländern geschrieben worden sind, zeigen die Vielfalt an Bedeutungen und Dimensionen, die die Leser in diesem erstaunlichen Werk entdecken können.


Was ist die beste Art und Weise, unsere Schatten zu entdecken und anzuerkennen?

MS: “Es ist außerordentlich schwierig, den eigenen Schatten nur dadurch zu finden, in das Innere zu schauen und introspektiv zu sein. Das liegt daran, dass sie unbewusst sind – im Keller weggesperrt. Aber andere Leute können einem oft von ihnen erzählen. Also wäre eine Möglichkeit, seine:n Ehepartner:in, die Freunde oder die Feinde zu fragen: Was siehst du in meinen Einstellungen und Verhaltensweisen, das ich nicht sehe? Wenn sie ehrlich sind, werden sie es einem sagen.


Eine andere Möglichkeit ist, die eigenen Träume zu beobachten. Üblicherweise können die Figuren im Traum, die die Gegner darstellen und sich sehr von einem selbst unterscheiden, als Repräsentative der Schatten aufgefasst werden. Schattenarbeit, wie wir es nennen, ist normalerweise sehr unangenehm und herausfordernd – aber es ist notwendig, wenn man wachsen und sich weiterentwickeln möchte.”


Es wird gesagt, dass durch das Integrieren des eigenen Schattens – zu einem gewissen Ausmaß auf eine Weise die Vollkommenheit erreicht werden kann. In dem Buch werden zwei Methoden beschrieben, auf welche Weise man diesen Prozess handhabt: Entweder durch Therapie, oder durch das Beobachten und Akzeptieren der eigenen Psyche und dadurch, eine psychologische Distanz zwischen dem Ego, der Persona und dem Schatten aufzubauen. Glauben Sie, dass es einen weiteren Weg gibt, dieses Ergebnis zu erreichen und das Gleichgewicht zu finden?

MS: Wie ich oben bereits sagte – durch das Fragen des/der Ehepartner:in, der Freunde, der Feinde oder dadurch, ihrer Kritik am eigenen Verhalten zuzuhören. Danach sollte darüber nachgedacht werden, wie man aus ihrem Blickwinkel wirkt. Das wird einem viel über die eigenen Schatten offenbaren. Was dann? Wir reden davon, den “Schatten zu integrieren” und das bedeutet, diese Aspekte der eigenen Persönlichkeit in das Bewusste einzubringen und dort festzuhalten – sie als Teile des Selbst zu akzeptieren und zu wissen, dass sie Teil von einem Selbst sind.


Dann hat man die Möglichkeit, ihren eher destruktiven Effekten entgegenzuwirken. Wenn man sich seinem eigenen Schatten nicht bewusst ist, wird er kontinuierlich den eigenen Beziehungen und den Anstrengungen danach, ein kreatives und produktives Leben zu leben, schaden.


Viele Menschen erreichen Blockaden in ihren Leben, weil sie sich weigern, ihre Schatten anzuerkennen. Der Schatten wird einem Steine in den Weg legen und einen daran hindern, die gesetzten Ziele zu erreichen, wenn man sich nicht mit ihm beschäftigt und ihn auf eine bewusste Art und Weise auf dem eigenen Lebensweg mitnimmt. Man muss ihn miteinbeziehen – nicht leugnen und unterdrücken.


Kinder lernen schnell, dass sie auf bestimmte Art und Weise behandelt werden, wenn sie sich geschlechtskonform verhalten, deswegen arbeiten sie diese Verhaltensweisen in ihre Persona ein; als Selbstschutz und um in die Gesellschaft zu passen. Glauben Sie, dass das Aufheben dieser Geschlechterstereotypen die mentale Gesundheit und Balance der Kinder – auf negative oder auf positive Weise – beeinflussen würde? Und angesichts der Tatsache, dass immer mehr Menschen in den jüngeren Generationen sich nicht mit einem bestimmten Geschlecht identifizieren – würde es unserem Ego und Anima/ uns helfen, eine bessere Balance zu finden, wenn wir diese Vorurteile aufheben würden?

MS: Im Endeffekt ist es wichtig, die eigene Wahrheit auszuleben. Dies nicht zu tun, wird einen krank und neurotisch machen. Es ist nicht gesund, wichtige Teile von einem selbst zu unterdrücken. Aber man muss sich gleichermaßen an die Gesellschaft anpassen und innerhalb der von der einigen Kultur gesetzten Regeln leben, wenn man im Leben weit kommen möchte. Es ist also eine Frage davon, das Gleichgewicht zu finden.


Heutzutage gibt es viel mehr emotionale Unterstützungen – zumindest auf manchen Teilen der Erde – um Unterschiede und Einzigartigkeit in Bezug auf das Geschlecht und die Geschlechtsidentität innerhalb der üblichen gesellschaftlichen Normen auszudrücken, deshalb ist es einfacher, die spezifischen und nuancierten Aspekte des Geschlechts, die man im Privatleben entdeckt, auszuleben. Das ist Teil des Individuationprozesses, aber ich muss hinzufügen, dass es eine lebenslange Reise ist.


Viele Aspekte des Geschlechts, die während einer Phase des Lebens klar erscheinen, untergehen Veränderungen und weiterer Distanzierung und Nuancen in späteren Phasen des Lebens. Es ist also am besten, offen für neue Entwicklungen zu sein, wenn sie im Leben auftauchen. Heutzutage die richtige Balance zu finden mag anders sein, als es vor zehn oder zwanzig Jahren war. Wir verändern uns, während das Leben seine Potenziale entfaltet.”


Glauben Sie, dass BTS’ Interpretation von Jungs’ Lehren damit übereinstimmen würden, was er selbst beabsichtigte?

MS: “Ich habe das Gefühl, dass Jung ermutigt und erfreut über das wäre, was BTS gerade tun. In diesem Album über die Persona bieten sie eine wichtige Einführung in psychologische Reflexionen über die persönliche Identität, im Gegensatz zu einer kollektiven sozialen Identität. Dies ist der Beginn der Individuation.


Jung wäre vollkommen einstimmig mit dieser Reflexion. Die Lieder des Albums sind schwanger mit psychologischen Bedeutungen, und ich hoffe, dass die Fans über die Botschaft nachdenken und ebenfalls die fantastische Musik und Bilder genießen werden, die von diesen begabten Künstlern geschaffen worden sind.”


Da Forschungen von Psychiatern wie Carl Jung nicht oft in einem Medium wie Musik diskutiert werden, wie denken Sie, dass BTS’ Interpretation der Jung’schen Psychologie jungen Leuten dabei helfen wird, sich selbst zu verstehen? Glauben Sie, dass dies den Anfang eines Trends markiert, ähnliche Themen in der Musik und anderen Medien zu diskutieren?

MS: “Ich hoffe es. Die Population der Erde wächst extrem schnell und psychologische Bildung wird immer wichtiger. Musik und Medien erreichen die Menschen auf der Erde auf eine Art und Weise, auf die es Bücher nicht können – also ist diese Erweiterung der psychologischen Bildung durch Medien dringend notwendig.


Deswegen applaudiere ich BTS für das, was sie tun. Sie dienen der Welt.”


Nachdem Sie sich selbst durch Jungs’ Lehren gefunden haben – wie könnte ein besseres Verständnis dieser Lehren (und damit ein besseres Verständnis unseres Selbst), ihrer Erfahrung nach, alltägliche menschliche Interaktionen verändern?

MS: “Ein psychologisches Verständnis unseres Selbst verändert unsere menschlichen Interaktionen auf viele verschiedene Weisen. Wir lernen zum Beispiel, zu pausieren und zu reflektieren, bevor wir reagieren. Wir erwägen Möglichkeiten, wie zum Beispiel Schattenprojektion, bevor wir jemanden angreifen. Wir erwägen Unterschiede im geistigen Stil (d.h. auf psychologische Art), wenn wir anderen zuhören oder ihre Werke lesen. Wir lernen es, kulturelle Unterschiede innerhalb unserer Interaktionen mit Menschen aus anderen Ländern zu berücksichtigen. Wir beginnen Beziehungen “mit Liebe” anstatt besessen zu sein und sie “verliebt” zu beginnen. Dies und eine Menge anderer Arten der Interaktionen können einen großen Unterschied darin machen, wie wir andere Menschen nachempfinden können.


Wenn sie die Gelegenheit hätten, einen Kaffee mit BTS zu trinken, was würden Sie ihnen sagen? Was würden Sie ihnen raten?

MS: “Ich würde die Gelegenheit, einen Kaffee mit BTS zu trinken, sehr schätzen. Ich würde ihnen raten, sich immer daran zu erinnern, wer sie individuell sind und woher sie kommen – egal wie berühmt und erfolgreich sie werden.

Das ist im Grunde die Botschaft von RMs Rede, die er vor den Vereinten Nationen gehalten hat. Sie sind jung und sie haben noch so viel Leben vor sich, also können sie sich auf viele neue Entwicklungen in ihren Persönlichkeiten sowie ihren Beziehungen freuen, die noch auf sie zukommen werden. Schaut zurück und schaut nach vorn und bleibt im Moment – das wäre mein Rat.”


Jung glaube, dass der Prozess der Individuation am besten in den späteren Phasen des Lebens stattfinden sollte; allerdings haben sich die Welt und die Gesellschaft seitdem verändert. Glauben Sie, dass es möglich ist, dass die jüngeren Menschen aufgrund der jetzigen Ära der Information und geteilten Kulturen/Ideen durch das Internet diesen Prozess – im Durchschnitt – früher beginnen?

MS: “Es gibt mehrere Schlüsselphasen in dem lebenslangen Prozess der Individuation. Junge Menschen müssen, wie immer, ihren Platz in der sozialen Welt finden, um ein Gefühl der persönlichen Identität aufzubauen und um eine befriedigende Art und Weise zu finden, Geld zu verdienen und zu [den Leben] ihrer Familien und der Gesellschaft beizutragen. Ich glaube nicht, dass sich das verändert hat.


Allerdings entwickeln sich alle Menschen auf verschiedene Arten. Introvertierte brauchen anfangs mehr Zeit aber schauen tiefer, Extrovertierte rennen voraus und müssen sich später selbst einholen. Es hängt vieles davon ab, mit welcher Persönlichkeit man geboren worden ist.”


Fragen von unseren Lesern:


“Man kann erfolgreich und glücklich werden und alles erreichen, was man möchte, wenn man versteht und lernt, wie der unterbewusste und bewusste Verstand funktioniert.” Wie viel Wahrheit steckt in diesen Satz? Glauben Sie, dass das Verstehen des unterbewussten und bewussten Verstands einem mehr Erfolg und Zufriedenheit bringen kann?

MS: “Es gibt keine Abkürzung zum Erfolg im psychologischen Sinne. Manche Menschen haben Glück und haben bereits früh im Leben viel Erfolg, während andere dies erst später erreichen. Ich messe Erfolg an Entwicklungsbegriffen:


Habe ich mich erfolgreich von meinen früheren Bindungen trennen und mein eigenes Leben auf die Beine stellen können? Habe ich die Kapazität entwickelt, meine Emotionen kontrollieren und benutzen zu können, anstatt sie mein Leben bestimmen zu lassen? Habe ich ein Gefühl für mich selbst und meine Einzigartigkeit in diesem Leben entwickelt? Habe ich mich davon befreit, abhängig von den Meinungen anderer zu sein? Das sind ein paar der Merkmale, die ich für wichtig empfinde.”


Was, glauben Sie, für ein großer Einfluss sind Sie und ihr Buch geworden? Was ist Ihre Meinung dazu, dass die Theorien des kommenden Albums von ihrem Werk beeinflusst sind?

MS: “Ich bin überrascht, dass mein Buch die Aufmerksamkeit von BTS und ihren Fans ergriffen hat – und natürlich macht mich das glücklich. Ich weiß zwar nicht, wie es zustande kam, aber ich genieße die Interaktionen mit den BTS-Fans.


Ich hoffe, dass BTS noch ein paar mehr Alben machen werden, die auf psychologischen Werten und Ideen basieren – es ist ein wichtiger Beitrag für unsere Erde. Was mir am wichtigsten ist, ist das Level des Bewusstseins auf der Erde zu heben, sodass wir als Menschen besser darin werden, zusammenzuleben und uns um unsere wertvolle Erde zu kümmern.”


BTS reden viel von Liebe in ihrer Musik, ob es die Liebe zu jemandem anderes oder zu einem selbst ist. Wie dachte Jung, beeinflusst Liebe (als Gesamtkonzept) das Selbst”, also das bewusste und das unbewusste Selbst?


MS: “Jung empfand Liebe als eine mächtige Kraft im menschlichen Leben. Er nannte Eros einen mächtigen Dämon”. Diese Kraft kann Menschen in die Abgründe oder auf höchsten Höhen der menschlichen Erfahrungen tragen. Liebe selbst garantiert nicht, glücklich zu sein. Manchmal treibt sie Menschen in die Verzweiflung und sogar zum Suizid. Auf ähnliche Weise kann Selbstliebe positiv sein.

Oder exzessiv und regressiv – es hängt alles davon ab, wie wir mit der Liebe umgehen, wenn sie Besitz von uns ergreift. Können wir mit Liebe” im Vorteil sein oder wird sie zu einer zerstörerischen Kraft in unseren Leben werden? Liebe soll die beste Heilung gegen Depressionen sein – sie kann aber auch Depressionen hervorrufen, wenn ihr Ziel nicht erreicht wird. Als Jung’sche Psychoanalytiker versuchen wir, Menschen dabei zu helfen, Liebe zu finden und ihren Segen zu genießen, aber nicht von ihren Forderungen überwältigt zu werden.


Was ist Ihre Meinung dazu, dass “Singing in the Rain” als Bild für das Musikvideo ihrer ersten Single (“Boy With Luv”) benutzt worden ist, und wie gut, glauben Sie, funktioniert diese Herangehensweise in Zusammenhang mit einem Thema wie “Persona”?

MS: “Ich muss zugeben, dass ich nicht an “Singing in the Rain” denke, wenn ich Boy with Luv anschaue, obwohl ich sehen kann, wieso viele Menschen diesen Vergleich ziehen.


Was ich sehe, ist die Erscheinung der “Anima” innerhalb der BTS-Gruppe, was eine Antwort auf ihren Ruf nach der “Seele” darstellt. Es ist so charmant zu sehen, wie die Sängerin in die männliche Gruppe integriert wird und Teil des Liedes ist.


Es ist ein Bild der Integration von Liebe in das Leben. Sie übernimmt nicht die Überhand, sondern tritt der Gruppe bei, die bereits besteht. Zusammen repräsentieren sie “Boy with Luv”.”


Wie, glauben Sie, kann diese Bewegung das kollektive Unbewusste dieser Generation junger Leute und junger Erwachsene beeinflussen – auch, da es durch das populäre Medium Musik und das Charisma der Künstler immer mehr Menschen anlockt? Glauben Sie daran, dass BTS dadurch, dass sie intelligenterweise ihre Briefe auserwählt haben, dazu beitragen können, einen Großteil der Bevölkerung zu heilen?

MS: “Ich glaube, dass BTS etwas verändern können. Die Musik erreicht so viele Leute, die niemals ein Buch öffnen würden, die aber durch die inspirierenden Worte und Musik von BTS eventuell dazu verleitet werden, tiefer in sich selbst zu horchen und anderen großen Denkern und Philosophen wie C.G. Jung zuzuhören.


Natürlich erreicht Musik Level des Unbewusstseins, die Worte allein nicht erreichen können,

also ist sie ein sehr wirksames Instrument dafür, Menschen auf einem unbewussten Level zu erreichen – im Guten wie im Bösen. Ich applaudiere BTS für ihre Bestrebungen darin, eine positive Veränderung in der heutigen, sorgenvollen Welt zu erreichen.”


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“In einer Welt, in der viele Leute eine Maske tragen, um ihre Emotionen, Gefühle und Gedanken zu verstecken, ermutigen BTS ihre Hörer kontinuierlich dazu, sich selbst ganz und gar zu akzeptieren. Nichtsdestotrotz kann Akzeptanz erst mit einem Gefühl des Verstehens beginnen – und dadurch, dass BTS Jung’sche Konzepte vertreten, die mit individuellen Denkweisen im Einklang sind, haben sie einen sicheren Hafen für das Wachsen und Lernen, zusammen mit der Gruppe selbst, erschaffen.


ARMY Magazine möchte sich hiermit ganz herzlich bei Dr. Murray Stein und seinem Team für ihre Kooperation und Zeit bedanken. Wir hoffen, dass unsere gemeinsame Arbeit nicht nur werten ARMYs dabei hilft, die Konzepte innerhalb des BUs zu verstehen, sondern auch ihre Neugier an dem menschlichen Verstand und der Welt wecken kann.


Von Nasty, Auri, Euni & Mae

Übersetzt von: Inja

Übersetzung editiert von: Anna und Cece







*Die Highlights aus diesem Interview wurden in der 6. Ausgabe von ARMY Magazine veröffentlicht, welche sich um die WINGS-Ära dreht. Schaut sie euch an und lasst uns wissen, was euer Lieblingsteil dieser Ausgabe war. Ihr könnt uns online (auf Facebook, Instagram, Twitter) kontaktieren: @ARMYMAGofficial.

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